Vorgeschichte

und

Gründungsphase

der

FEN

mit der Sicht vom süddeutschen Raum aus.

 

Text  von

Walter Ross

aus dem

FEN – Regionalverband Mittel-, Oberfranken, Altmühltal u. Thüringen, gegr. 1972

 

MaulWurf-S- Verlag Erlangen, 2005

 

Es war zu Anfang der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts, als mitten in Deutschland sich zwei feindliche Staaten mit gerüsteten Armeen gegenüber standen. Gerade war man dabei, das fürchterliche Erbe des 2. Weltkrieges zu überwinden und das Land wieder aufzubauen, als den Bürgerlichen sehr wohl klar wurde, der Nationalismus müsse  überwunden werden, die Staatsgrenzen dürften nicht schon wieder überall ‚Mauer’ sein und dass Deutschland, um künftige Kriege zu vermeiden, den Revanchisten keine Chance geben dürfe, und deshalb in Europa eingebunden sein müsse.

Nicht nur in der Bundeshauptstadt Bonn und den westlichen, grenznahen Landen hatte man das begriffen, auch Leute, die über den Tellerrand hinaussehen konnten, vornehmlich die Kaufleute, nahmen sich dieser Europaidee an.

In Nürnberg war das aus der Riege der Karnevalisten ein Großkaufmann, der mit dem westlichen Ausland Handel trieb und ein immer auf neue Wege erpichter Vereinspräsident. Es waren Walter Klanert und Siegfried Glorim, die mit der Idee kamen, Europas Narren wenigstens zusammen zu führen und über Staatsgrenzen hinweg persönliche Kontakte, persönliches Verstehen aufleben zu lassen und damit Menschen sich näher zu bringen, auf dass einer den anderen verstünde. Die seit 1952 erfolgreiche ‚Montan-Union für Kohle und Stahl’ mag da Vorbild gewesen sein, samt der Kenntnis, in den Köpfen der Menschen müsse man etwas nachhelfen in Richtung Toleranz und Nachbarverständnis.

 

Das nahm im geschichtsträchtigen fränkischen Raum sehr schnell Gestalt an. Man suchte gleich Gesonnene, redete über die Zukunft mit ihnen und schon kam aus Karnevalskreisen Stimmung und Bereitschaft zum Mitmachen.

Der Anfang war eine „Föderation Europäischer Narrenzünfte“ und so wohl auch im Nürnberger Vereinsregister eingetragen. Das war den süddeutschen Gründervätern etwas zu wuchtig im Anspruch durch den Namen, da wurde am 21. Juli 1969 der Name geändert in „Freundeskreis europäischer Narren“, aber immer angekürzt: F E N.

Wir werden das noch im VR Nürnberg suchen.

 

Je mehr man darüber sprach, desto mehr Karnevalisten fanden sich zusammen, die Ideen wuchsen, es ergab sich eine Strukturierung von:

Gesamteuropa bis in die kleine Region und überall gab es langsam Repräsentanten in den Strukturen. Dass dabei durch die Quereinsteiger eine höhere Zahl an Fehlbesetzungen in Kauf genommen werden musste, ist verständlich, aber dadurch wurde das Fortschreiten der F E N  auch immer wieder ein Stück aufgehalten, denn:

Einer solch neu aufzubauender Organisation laufen Viele zu, die in ähnlichen Organisationen nicht glücklich geworden sind. Somit ist der Prozentsatz der ewig Unzufriedenen, der Nörgler, der Profileure, der Besserwisser, Selbstdarsteller, Vorteilsnehmer unverhältnismäßig groß und muss durch oft harte Aussonderungsprozesse auf ein erträgliches Maß gebracht werden.

Der  F E N  ging es nicht anders und sie litt wohl in ihrem ersten halben Jahrzehnt sehr stark darunter.

Quasi als Testlauf standen im Frankenland in den Regierungsbezirken Ober-, Mittel- undn Unterfranken, also Bayreuth, Nürnberg und Gerolzhofen längst schon unsere Ideen verkündende Verbandsstrukturen, die wir ab 1972 durchgehend dokumentieren können.

Dreh-, Angel- und Kapitalpunkt war im süddeutschen Raum der Kaufmann Walter Klanert in Nürnberg, der nicht nur die Verbindungen hatte, sondern auch das notwendige Geld hatte und das einbrachte, um solch eine Organisation ins Laufen zu bringen. Wie die Kontakte zwischen dem  „Freundeskreis europäischer Narrenzünfte“ e.V. und dem „Bund europäischer Karnevalsvereine e.V.“ zu Stande kam, entzieht  sich heute der persönlichen Kenntnis des Referenten, auf deutsch: Ich weiß es nicht mehr, außer dass der Mönchen-Gladbacher Rudolf Thönnißen und der Nürnberger Walter Klanert öfter Besprechungen miteinander und Verhandlungen  hatten und den Hans Roederer aus Stuttgart und den Gilbert Opsteyn aus Mechelen in Belgien dazuzogen.

Dann kam der 20. Juni 1970 im Saalbau in Essen, da der große Traum einer einzigen, großen Narren-Union Europas geträumt und die „Föderation Europäischer Narren“ e.V. mit einer Europasatzung und einem 34-Personen-Präsidium – von jedem nordwesteuropäischen Land ein paar Leute – gegründet wurde praktisch als Zusammenschluss der nordwest- und süddeutsch existierenden Verbänden.

 

Der 31. Oktober 1970 brachte eine Präsidialtagung in Mechelen mit dem Gastgeber Gilbert Opsteyn als Belgienpräsident und die Vorlage der Druckfahne einer neuen Zeitschrift namens „Narr von Europa“ mit den ersten Anforderungsformularen für FEN-Orden. Die Zeitschrift in grün auf weiß startete dann am 3. November 1970.

Bei dieser Tagung wurden schon die ersten Kontakte mit kanadischen Narrenbrüdern geknüpft, denn wie von alleine landete die Einigungsidee über Handelsbeziehungen bei den vielen Karnevalisten deutscher Zunge oder Abstammung in Kanada. Ich glaube, damals wurde schon ein Narrenbruder Klein aus Calgary, Provinz Alberta zum Botschafter des europäischen Karnevales in Kanada ernannt. Bei allen Tagungen danach waren dann Abgesandte aus Kanada anwesend, wurden zu Botschaftern „ernannt“ und man versuchte, für jede kanadische Provinz (nur) 1 Botschafter zu ernennen. Es war Ziel, jedem FEN-Botschafter in Kanada einen Kontaktmann zum Verbindungshalten aus der F E N  in Deutschland zur Seite zu stellen und so gab es eine ganze Reihe von „Attache’s der Botschaft des Carneval Canada“.

 

Die F E N – Mandatsträger in ganz Europa wussten, die  F E N  war nach deutschem Vereinsrecht gegründet, Beschlüsse konnten also nur in  D  gefasst werden, ausländische Narrenbrüder konnten gar nicht gewählt werden ohne festen Wohnsitz in  D  .

Nach 1 ½ Jahren  F E N  - Europa- Verband wurde diese Unzulänglichkeit klar, auch weil die Entfernungen zu weit, die Kommunikation zu schwach, manche Mandatsträger zu unflexibel. Man dachte an, es müsse in jedem Land ein Landessekretariat wenigstens geben und das wurde auf der  F E N  - Jahreshauptversammlung am 12. Juni 1971 in Kelkheim/Ts. Beschlossenen. Diese Möglichkeit erwies sich sehr schnell als zu teuer und darauf hin wurde am 12.12.71 unter dem Geschäftsführenden Europapräsidenten Walter Klanert, Nürnberg, ein Präsidium für Deutschland beschlossen als Test, Vorreiter und Vorbild für die anderen Länder. Die ersten Landesfürsten waren die Landespräsidenten für Deutschland Roederer und Zinser, beide Stuttgart. Erste Präsidiumsmitglieder waren auch die Herren Ramien, Frankfurt/Main, Glorim Nürnberg, Finger Würzburg, Thönnißen Mönchen-Gladbach, Friedrich Stuttgart und Kossmehl Hammelburg.

Generalsekretär wurde Gerhard Heinze aus Mönchen-Gladbach, mit dem es sehr bald riesigen Ärger gab und der von diesem Präsidium recht unehrenhaft entlassen wurde. Dies war der Anlass für den BDK, eine große Campagne gegen die  F E N  zu starten von Köln aus in ihrer Bundeszeitschrift und in ihren Landesverbänden mit einer solchen Wucht, als hätten sie nur schwerst vorbereitet, auf so einen Anlass zum propagandistischen bis erpresserischen Losschlagen gegen die schon deutlich gewachsene  F E N  gewartet.

Im „Narr von Europa“, Heft April 73, konterte die FEN mit dem Abdruck einer Büttenrede, die in der Session 73 in Franken, wo der „Krieg“  BDK./. FEN wohl am Schlimmsten tobte, an die 10 Mal in Fastnachtssitzungen vorgetragen wurde.

 

Das neue Deutschland-Präsidium arbeitete nach der Europa-Satzung, die ja wiederum eine deutsche war aber überregional ausgelegt, dennoch den Deutschen Vorteile gab.

Walter Klanert versuchte, diese Verzwicktheiten alle unter ein Europa-Dach zu bringen aber das war wohl 20 Jahre zu früh in der politischen Entwicklung des Kontinents. Walter Klanert starb im Oktober 1973 und der Verlust dieses Integrators von Europas Narren war unendlich groß.

 

Im Juni 74 wurde zwar ein neues Europa-Präsidium gewählt aber der Zug ging ganz klar in die Selbstständigkeit der einzelnen Länderpräsidien und die wurde im belgischen Aalst am 14. Juni 1975 beschlossen.

 

Jetzt benötigten die einzelnen Länderpräsidien eigene Satzungen und die deutsche wurde im Sommer 1975 in Erlangen von Walter Ross erstellt, von Beate Becker eintragereif geschrieben, unter freiem Himmel auf grüner Wiese bei strahlendem Sonnenschein dem neuen Deutschland-Präsidenten Otto Heinicke vorgetragen, im Herbst von der Mitgliederversammlung beschlossen und vom Präsidium eintragen lassen zu Frankfurt am Main.

 

Wurden die  F E N  - Mandatsträger bislang im 2-jährigen Rhythmus neu gewählt so ist die Amtszeit aus gutem Grund seit 1975 auf 3 Jahre ausgedehnt, um Einarbeitungs- und Erfolgszeit im Amt zu haben.

 

Wie es weiter ging, sagt die Chronik der  F E N  aus, die Deutschland-Präsident Dieter Palm vorgelegt hat und die sehr ehrlich die Geschichte anspricht.

Geschichte muss aber ehrlich sein, nur dann kann man aus ihr lernen und die richtigen Schlüsse ziehen.

Möge sie weiter und erfolgreich geschrieben werden, die Geschichte der  F E N .